Ich gebe zu, das der Begriff “Wurfspiel” echt noch verbesserungswürdig ist. Mir fiel bisher aber nichts besseres ein… Vielleicht “Wurfinator 3000” oder so.
Meine Frau ist recht aktiv, wenn es um die Hilfe bei Schulveranstaltungen unserer Kinder geht. Das diese Aktivität auf mich “übergreift”, versteht sich von selbst.
Zum diesjährigen Schulfest wurde das Motto “Baustelle” ausgerufen und jede Klasse war dazu aufgerufen Spiele oder andere Aktivitäten auf dem Schulfest anzubieten.
Meine Frau wollte “Dosenwerfen” anbieten. Mein Gott ist das langweilig…! Ich hatte gleich eine ganz andere Vision:
Umringt von einer Schar glücklicher und wurfbereiter Kinder steht schillernd das Wurfspiel der Wurfinator 3000. Eine mächtiger Kasten mit sechs Löchern in unterschiedlichen Größen, in die hineingeworfen werden muss.
Sobald ein Kinde eines der Löcher trifft, erschallen Glocken aus Bauhelmen, leuchten Lichter aus Baustellenlampen, starten Feuerwerksraketen und im Hintergrund arbeitet die Nebelmaschine im Zusammenspiel mit einer Aufnahme des Lübeck-Liedes um der Dramatik den letzten Schliff zu geben…
Tja, der Kasten war OK, aber der Rest wurde nicht genehmigt.
Wie so oft, ging ich alleine in den Baumarkt, kaufte drei OSB-Platten und fing einfach an, denn ich hatte wirklich keine Ahnung, in welche Richtung das Ganze gehen sollte.
Ich werde hier den ganzen Bau auch nur verkürzt darstellen. Einfach deshalb, weil mir viele Detailbilder fehlen und die Details den Rahmen sprengen würden. Sollte hier spontan mittels Volksentscheid darüber bestimmt werden, dass ein kurzer Abriss nicht ausreicht, füge ich mich natürlich dem Willen des Volkes… 🙂
Zuerst war meine Idee eine Platte mit den Maßen 120×115 cm zusammenzuleimen und mit einem Holzrahmen einzufassen. Das tat ich auch. Die Maße habe ich deshalb so gewählt, weil diese Platte noch gerade eben in meinen Wagen passen würde.
Es folgten die Löcher, ich ich ursprünglich in unterschiedlichen Größen aussägen wollte. Sechs Löcher wurden es, wobei in drei Reihen jeweils zwei Löcher untereinander angeordnet sind. Vier davon haben einen Durchmesser von 150 mm und zwei von 200 mm. Die beiden Löcher mit ursprünglich 100 mm habe ich auf 150 mm aufgesägt. Ich dachte mir, dass es für Grundschüler sonst zu schwer würde zu treffen.
Den Rahmen sägte ich aus Dachlattenresten zurecht. Ich sägte eine Nut mit der Tischkreissäge ein, klebte und tackerte sie fest.
Das sah schon mal ganz gut aus!
Aber irgendwie… ich weiß nicht, das ist so langweilig… außerdem muss man immer nach den Bälle rennen. Es musste also etwas hinter die Lochöffnung. Ich hatte noch Blechreste und schnitt viereckige Stücke zurecht. Alleine das ist ein eigenes Kapitel, weil ich dazu meinen Blechknabberer-Aufsatz für die Bohrmaschine zu einem stationären Blechschneider umbaute.
Das behandele ich aber in einem anderen Beitrag.
Ich schnitt auf jeden Fall sechs Bleche auf 200 mm Breite und etwa 220 mm Länge zurecht.
Es folgten die Beine, vor allem deshalb, weil ich ich einer bequemen Körperhaltung daran weiter arbeiten kann. Die Oberkante des Wurfinators 3000 ist etwa 2 Meter hoch.
Die nächste Frage war, wie sollen die Bleche befestigt werden, damit sie in einem 45 Grad-Winkel hinter dem Loch sitzen und den Ball nach unten ablenken, wo er…. ja genau! Wo er in einen Kasten fällt! Dazu muss der Ball in einer Art Tunnelsystem an den anderen Löchern vorbei nach unten geleitet werden, wo er schließlich in den Auffangkasten fällt.
Dazu musste ich hinter jedem Loch einen kleineren Auffang- und Ablenkkasten bauen. Alles kein Problem, hatte ich doch noch genügend OSB-Reste.
Wenn dann aber schon ein Kasten hinter jedem Loch sitzt und das “Ablenkblech” dahinter, dann könnte man doch mit der Bewegung des Ablenkbleches irgendetwas anfangen. Feuerwerk war mir zwar verboten, aber man könnte damit einen Mechanismus auslösen, der irgendetwas anzeigt.
Du siehst… ich beschreibe hier tatsächlich meine Gedankengänge und wie ich auf die einzelnen Details gekommen bin. Ich könnte natürlich auch schreiben, dass ich mich acht Stunden an Sketchup ausgetobt und jeden einzelnen Schritt sorgfältig geplant und abgewogen habe, doch hey… Du kennst mich ja nun schon etwas länger… 🙂
Tja… Mechanismus…Wenn das Ablenkblech nun von dem Ball nach oben gedrückt wird, müsste ein Riegel entriegelt werden, der wiederum etwas gespanntes hält, was dann ausgelöst wird. Zum Beispiel ein Schild, was über jede der drei Loch-Reihen hochschnellt. Klasse Idee!!!
Die ganze Metallarbeit dabei ist ja kein Problem, bin ich doch stolzer Besitzer eine Schutzgas-Schweißgerätes und genügend Werkzeug, damit kann man praktisch alles machen…
Klar das ich mich mal wieder total verschätzt habe…
Um die ganze Mechanik auszutüfteln, dann zu bauen und vor allem am Schluss richtig einzustellen, habe ich sämtliche Kräfte mobilisieren müssen, die mir und meinem heimwerkergestählten Körper zur Verfügung standen. Also: Nachtschicht einlegen… und nicht nur eine, denn der Abgabetermin rückte immer näher.
Ich probierte also herum, änderte es, verwarf einen Teil, baute um, schliff hier, schweißte da, bohrte rein, schnitt Gewinde (und mir in den Finger), flexte ab, bog um, knotete zusammen, schnitt ab und tataaa:
Fertig war die Mechanik!
Eigentlich wollte ich den Auslöser mit Gewindestangen “ansteuern” und nicht mit Maurerschnur, aber:
Die Regeln für den Wurfinator definierte ich im Laufe des Bauen wie folgt: Die Kinder müssen ein Loch in jeder Reihe treffen. Egal ob das untere oder das obere Loch getroffen wird, das Schild soll beim ersten Treffer hochschnellen. Oder wie wir Excel-Programmierer auch sagen: es handelt sich um eine ODER-Funktion. Das machte das ganze Projekt natürlich nicht einfacherer, aber der Reiz wurde umso größer.
Während der Bauzeit habe ich meine Kinder übrigens gar nicht gesehen, es sei denn, sie verliefen sich in die Werkstatt und sprachen den völlig geistesabwesenden Menschen an, der da vor sich hingrübelte, wenn er nicht gerade schweißte oder flexte. Meine Frau versuchte es erst gar nicht, schaffte es aber mit kleinen zugeschobenen Snacks meine Vitalfunktionen zu erhalten. Danke nochmal dafür mein Schatz…
Einen Tag vor Abgabe kam mein Schwiegervater und verpasste dem Ungetüm nicht nur einen farblichen Anstrich, sondern er erschaffte ein Kunstwerk. Mir fiel nämlich erst zum Schluss auf, dass der Wurfinator 3000 nämlich so gar keinen Bezug zum Thema “Baustelle” hatte.
Das änderte mein Schwiegervater mit seinen Acrylfarben.
Die letzte Frage, die sich mir stellte war, was auf den Schildern stehen sollte, die hochschnellten. Sie durften nicht zu groß sein, weil die Federn ziemlich stark sind und die Schilder auf Dauer abreißen oder brechen würden.
Ich entschied mich für die “positives Feedback geben”-Variante. Also kleine gelbe Schildchen mit “Toll”, “Super” und “Spitze”. Damit konnte man nichts falsch machen.
Die nächste große Problematik bestand darin, dieses etwa 100 Kg schwere Monsterteil zur Schule zu bringen. Das ging nur mit einem Anhänger und viel Kraft, denn ich hatte niemanden, der mit anfasste. Alleine der Weg aus dem Keller in Richtung Tageslicht fiel schwer, weil die Türen recht eng sind.
Aber all die erduldeten Leiden, der erhebliche Schlafmangel und die schmerzenden Glieder waren vergessen, als sich tatsächlich dutzende von Kinder um den Wurfinator versammelten und alle die Funktionen austesteten.
Dabei wurde ich darin bestätigt, die Löcher größer ausgesägt zu haben, denn es fiel vielen Kindern (und mir auch) schwer, zu treffen.
Da wir an diesem Tag etwa 120 Grad Außentemperatur hatten, veränderten sich die Einstellungen der Mechanik ein wenig und das Auslösen der Schilder funktionierte nicht mehr ganz so leicht. Wir hatten trotzdem großen Spaß!
Zum Schluss spendete ich den Wurfinator der Schule. Zum einen, weil die nächsten Schulfeste ja auf jeden Fall kommen und zum anderen, weil ich gar nicht wüsste, wo wir das Teil verstauen sollten…
Gekostet hat das Ganze etwa 100 €, weil ich sehr viel in der Eisenwarenabteilung einkaufen musste. Allerdings ist jedes Teil, bis auf die Scharniere für die Beine selbst gebaut. Da bin ich schon ein wenig stolz drauf.
Würde ich sowas nochmal bauen?
Sicher, aber mit mehr Zeit und vor allem nicht mit Maurerschnur, sondern Gewindestangen.
In diesem Sinne ein schönes Wochenende und herzliche Grüße!
Frank
-der Kellerwerker
Pingback: Blogrundschau Holz Technik 29/2015 - Heimwerker-Blog
Klasse Arbeit; da macht Schule Spaß!
mfg
Michael
Ja, dieses mal hat mir Schule auch Spaß gemacht… 🙂
Hey!
Dein Wurfinator ist ja genial!
Man erkennt daran wieder sehr schön, wie nah Genie und Wahnsinn doch beisammen liegen 😉
Die Idee mit deinem Blechschneider finde ich ja auch super, werd ich mir mal merken.
Ach ja… Und super geschrieben, macht immer wieder Spaß Dich zu lesen! 🙂
Viele Grüße
Daniel